Zu dick, zu ungelenkig, zu alt oder gar zu männlich? Das sind nur ein paar der Stichworte, die Menschen vom Yoga abhalten. Und wir Yogis und Yogalehrenden tragen mindestens eine Mitschuld, dass das so ist.
Ob nun der Gedanke, zu dick und/oder zu ungelenkig für Yoga zu sein oder irgendetwas anderes: Aus diesen Worten und Gedanken werden Glaubenssätze. Glaubenssätze, die letztlich viele und ja vielleicht auch zu viele Menschen vom Yoga ab- und fern der Yogastunden halten. Viele Menschen haben nämlich ein Bild von Yoga, das sie eher abschreckt als ermutigt und mehr Zweifel als Überzeugung sät. Hand aufs Anahata, äh Herz: Geht man irgendwo hin und probiert etwas, das man sich ja mal so gar nicht zutraut? Merkste selber, ne...
Ein falsches Bild...
Ein Wunder ist es nicht, dass viele Menschen dem Yoga lieber fernbleiben. Und die Yogabranche ist irgendwie schuld, hat zumindest eine Mitschuld. Medien wie Bücher und Medien wie Social Media sind es, die ein vielleicht nicht komplett falsches, aber ein grundverkehrtes Bild beziehungsweise Verständnis bewirken könn(t)en.
Die Medien wie die Yogabücher und -zeitschriften, auf denen wir meistens sehr schlanke und meist auch sehr junge Yoginis, also Frauen, in diversen Posen präsentiert bekommen, machen jede Menge mit den Menschen, die sich für Yoga interessieren. Sie können als Einladung auf die Matte funktionieren, aber aus Neugier kann mittels dieser Bilder ebenso Abschreckung entstehen. Schon die Titelbilder und sonstigen Bilder in Yogabüchern und -zeitschriften erzeugen ein Bild von Yoga, welches wie erwähnt vielleicht nicht komplett falsch, aber auch mit dieser Frauendominanz/Modeldominanz mindestens nicht besonders divers ist. Menschen mit einem Mehr an Gewicht, mehr Alter auf der Lebensuhr und viele andere Menschen werden dort nicht gezeigt. Wieso sollte jemand, der sich erstmal gar nicht repräsentiert sieht nun also auf die Yogamatte kommen?
Was man den ganzen Büchern und Magazinen anrechnen kann: Klassischerweise werden mit Schneidersitz, Baum und Dreieck wenigstens noch Asana-Klassiker auf den Titelseiten abgebildet, die immerhin für die meisten Menschen machbar beziehungsweise modifizierbar sind. Während das alles also mit den gezeigten körperlichen Yogaübungen durchaus durchgeht als Werbung fürs Yoga, geht die Fuhre vor allem in Social Media so richtig ab - und das meistens im negativen Sinne.
Social Media is gar nich so social
Das sieht man vor allem bei Instagram reihenweise Yoginis - also wieder Frauen - in Asanas, die mehr einer Verbrezelung ähneln oder sonst irgendwie mehr Posen als Pose sind. Wir sehen viel Spagat, Handstand, Kopfstand, Lotussitz, Feuerfliege, Krähe und so weiter. Keine Sorge, wenn das jetzt böhmische Dörfer sind - man muss da auch nicht hinreisen...
Die Yoginis sind superschlank, oft auch superjung. Sie sind - auch super - flexibel ohne Ende. Nicht nur auf Fotos wird gepost. In Videos bewegen sie sich geschmeidig wie es keine Katze könnte und scheinbar mühelos gleiten sie in ihre Asanas und ohne einen Tropfen Schweiß durch Dutzende Vinyasas. Man schaut sich das an und rechnet irgendwie damit, dass sie auf Händen in ihren Yogaunterricht gelaufen kommen oder den Abstand zwischen den ausgelegten Matten im Spagat ausmessen würden.
Dabei ist Yoga doch keine Zirkusnummer voll in sich selbst verbrezelter Akrobatik, die nur von weiblichen Menschen mit einem niedrigen BMI und einem fast noch niedrigeren Lebensalter ausgeübt werden darf! Dieses Bild, das vor allem Social Media zeichnet, verunsichert übrigens die, die gerne mal Yoga machen würden genauso wie die, die gerne Yoga unterrichten. Also bitte...
Sei keine Brezel, mach dir dein eigenes Bild!
Übrigens: Während ich hier so sitze und nachdenke, schreibe und auch daran denke, dass ein Bild den Blog-Artikel natürlich aufwerten würde, gehe ich auf die Suche nach Fotos. Doch in den Stockfotos zeigen sich Bilderfluten mit teils atemberaubenden Posen, demonstriert von ultraschlanken und superjungen Frauen.
Und ich? Was ist mit mir? Ich bin zwar keine Brezel, aber man sieht mir auch nicht an, wie gerne ich die esse. Also verwende ich einfach lieber kein Bild, sondern bitte einfach nur darum: Wenn du Yoga machen möchtest, dann mach dir dein eigenes Bild davon! Denn es ist dein Körper und dein Yoga. Glaub mir. Und wenn du Yoga unterrichtest, bleib real und realistisch.
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